Rat

Haushaltsrede von Walter Wortmann

Ratssitzung: 8.11.2018

(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Zuschauer und Zuhörer,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen
und Anwesende im Saal,

Ich werde dem Rekord-Haushalt 2019 nicht zustimmen - und vorwegnehmend -das Ansinnen eines Doppelhaushalts für die Jahre 20/21 von Schwarz-Grün-Gelb ebenso ablehnen.

Ihre Bemühung, Frau OB Reker, den Haushalt nun zum zweiten Mal rechtzeitig einzubringen, in Ehren, aber ich hätte mir eher gewünscht, diesen Zeitdruck herauszunehmen und den Zeitgewinn in Konzepte und Maßnahmenpläne zu investieren. Und nächstes Jahr soll bereits vor der Sommerpause ein Doppelhaushalt den Rat passieren!?

Ich hätte mir nach Ihrer bemerkenswerten Ruckrede bei der Einbringung gewünscht, dass dieser Haushalt deutliche Veränderungen und strategische Maßnahmen aufzeigt, aber nicht wieder ein

 „Weiter-so-Papier“, im alten Format, nur mit neuen Zahlen.

Besonders enttäuscht uns als bürgernahe Gemeinschaft der marginale Stellenwert und die abermals  unterfinanzierte Position des Bürgerhaushalts sowie der Bezirksmittel. Der Bürgerhaushalt muss strategisch völlig neu aufgestellt werden. Bereits 2016 hatten wir einen 2-Jahres-Rhythmus gefordert, um ihn besser zu machen und einer verantwortungsvollen Bürgerbeteiligung endlich den Weg freizumachen.

Die Bezirke sollten sehr schnell in die Verantwortung genommen werden, um auf die Vielzahl der lokalen Projekte und Bedarfe vor Ort reagieren zu können. Das entlastet den Rat, die Ausschüsse und den Haushalt.

Die für beide Positionen eher lächerlichen Beträge zeigen aber die latente Unterschätzung einer aktiven Bürgerbeteiligung durch die Verwaltung und den Rat. Die gebetsmühlenartigen Bekenntnisse der Ratsfraktionen zu einer Bürgerbeteiligung können wir deshalb nicht ernst nehmen. 

Unsere Lösung sind z.B. Rahmenplanungsbeiräte mit einer beratenden Rolle der Politik für z.B.: Parkstadt-Süd, Rondorf-Nord-West, Stadtbahn Nord-Süd, Ost-West-Bahn …

Nun verspricht Ihre mittelfristige Planung für das Jahr 2022 erstmals das Erreichen einer Nullrunde. Wie bitteschön wollen Sie dieses Ziel vor dem Hintergrund der vorliegenden Fakten und der sich stetig ändernden Rahmenbedingungen denn erreichen? Oder anders gesagt; wie sähe ein Plan B aus, wenn das Ziel verfehlt wird? Doch wohl nicht zum Limit der 5%-Schuldenneuaufnahme zurückkehren?

Hier die aus unserer Sicht gravierenden Wiedersprüche und Fragen:

  • 2018 bis 2021 wächst nach Ihrer Planung die Verschuldung der Stadt um weitere 320 Mio.
  • Bereits Ende 2018 wird der Schuldenstand der Stadt ca. 6 - 7 Milliarden erreicht haben, einschl. der nebulösen Schuldenlasten der Beteiligungen und Eigenbetrieben der Stadt.

Hierzu bleibt die Kämmerei übrigens bisher die Veröffentlichung der Zahlen schuldig.

  • Im Frühjahr 2018 hat die VerwaItung den Sanierungsbedarf der Stadt (bis 2040) mit 16 Milliarden beziffert. Das wären rein rechnerisch pro Jahr 750 Mio € zzgl. Kapitaldienste (Zinsen, Tilgungen usw).
  • Und wo bitte bleiben die Einschätzungen und Bewertungen …
    • … für den Kalkberg und seine mögliche Abtragung und Entsorgung,
    • … der Milliardenkosten (keine Investitionen) rund um den Einsturz des Stadtarchivs am Waidmarkt,
    • … für die unaufhörlich steigenden Kostenrisiken beim Bühnenensemble,
    • … für den Wallraf-Anbau,
    • … für den Bau einer Historischen Mitte,
    • … für das Klinikendesaster und die Reha-Nova.

Es mag sein, dass der vorliegende Haushalt 2019 nur wenige dieser Positionen enthält, aber bis 2022 werden sie Einfluss genommen haben. Gründe genug, sich von allen Prestigeobjekten und überteuerten Projekten zu verabschieden.

  • Wohnen, Bauen: Ein Thema, das unsere Wähler besonders beschäftigt, ist die Entwicklung des Gebäude- und Wohnungsmarktes in Köln. Die Spekulanten haben Köln längst als Handelsplatz eingenommen. Köln hat wie alle anderen Großstädte unter dem Wohnungsmangel bei hohem Zuzug zu leiden. Die Währung heißt Betongold. Aber Köln darf nicht zum Handelsplatz dieser Währung werden.

Die Kaltmieten in Köln steigerten sich in den vergangenen 5 Jahren um 1/3 und betragen derzeit nachweislich durchschnittlich 12.33 €/m2 - mit steigender Tendenz. Unter 500 € ist in Köln kein m2 Grundstück mehr zu haben. Erbpachtflächen sind marginal vorhanden oder auf lange Zeit vergeben.

Die Folgen: Wohngeldzuschüsse erhöhen sich überdurchschnittlich. Die Mittelschicht treibt es aus der Stadt. Der Konsum wandert mit ab in außenliegende Kommunen und begünstigt das Geschäft der online-Dienste.

Diese Fehlentwicklungen schaden der Stadt, denn sie nehmen negativ Einfluss das gesamtstädtische Milieu.

Die Verwaltung muss hier mit gesetzlichen Mitteln regulierend eingreifen und bezahlbares Wohnen auf das erforderliche Niveau zurückführen.

  • Welche Spielräume hätte die Stadt?
    • Spekulanten und Fondsbetreiber zur Einhaltung der Nachhaltigkeit durch Offenlegung ihrer Konzepte oder Verbote verpflichten.
    • Den Verkauf städtischer Grundstücke reduzieren und vermehrt Flächen in Erbpacht zur Verfügung stellen.
    • Milieuschutz durch Anwendung des Vorkaufsrechts bei relevanten Objekten praktizieren.
    • Massiver Grundstückserwerb durch die Stadt für die eigene Nutzung, auch in außerstädtischen Lagen, Kommunen und Gemeinden.
    • Ankauf der nicht-städtischen Besitzanteile der GAG und Veräußerung des Bestands „frei finanzierter Wohnbauten“ zwecks Schaffung von Liquidität.

 

  • Stichwort Bildungsbauten: Warum bitte reagiert die Verwaltung erst neuerlich, wo doch bereits Ende der 90er hieb- und stichfeste Prognosen hätten dazu führen müssen, in Bildungsbauten zu investieren? Jetzt stehen wir vor dem Bedarf, mittelfristig mehr als 60 dieser Gebäude mit den dazugehörenden Grundstücken zur Verfügung stellen zu müssen.

Lösung: Belegung frei gewordener Leichtbauten (Geflüchtetenunterkünfte) mit Studenten und Auszubildenden sowie Neubauten stabiler Leichtbauten für Bildungs-und Wohnzwecke (flexible Nutzungsdauern). Von uns bereits 2017 vorgeschlagen.

  • Stichwort Personal & Effizienz: Die personelle Unterdeckung und der Personalbedarf der Stadt sind ein Dauerthema. Geld geht verloren, weil weder Personal für Geldnachforderungen noch für die Abwicklung der erforderlichen Neueinstellungen vorhanden ist.  Besserungskonzepte der Verwaltung sind seit Anfang des Jahres in Umlauf, aber nichts tut sich.  (*Beispiel im Anhang).

Dazu passt wohl auch, dass der Ordnungsdienst seit langer Zeit ordentliche Pausen- und Garderoben-Einrichtungen für die Mitarbeiter im Außendienst reklamiert und nicht bekam und bekommt.

Aus Ihrer Sicht mag das wenig mit dem Haushalt zu tun haben. Ich sage Ihnen, dass Organisationen mit solchen Erscheinungsmerkmalen doppelt kosten und gut informierte Bewerber abschrecken. Und man merke: Motivation ist gefragt; Neueinstellungen sind kein probates Mittel gegen miserable Führung und altgediente Seilschaften. 

Die Vorgänge zeigen klar auf, welche Qualitäts- und Führungsdefizite immer noch vorherrschen. Wer das übers Geld weg zu reden versucht, ist weltfremd und ignorant.

Fazit: Dieser Haushalt ist jetzt schon am Limit und für minimale, negative Zinsverschiebungen oder / oder schleichende Gewerbesteuerausfälle hat er keinerlei Reserven.

Und damit wir aber auch einen konstruktiven Beitrag zur Haushaltsverbesserung beitragen, hier einmal mehr unsere keineswegs neuen Empfehlungen:

  1. Auflösen der Kölner Sportstätten GmbH, Verkauf des RheinEnergie-Stadions an den 1. FC und Verkauf des städtischen Golfgeländes. Das bringt Geld und erleichtert die laufenden Haushalte um enorme Betriebskosten und millionenschwere Subventionen.
  2. Legen Sie den Sumpf der KSV - Kölner Schulbusverkehr GmbH – trocken, wo ein miserables Management unkontrolliert schadhafte Busse für Kindertransporte duldete. Die KSV ist eine städtische Gesellschaft, die bis zu 1 Million Gewinn einheimst und diese an Fremdfirmen ausschüttet, die ohnehin an den Transporten verdienen (Quelle Bilanzen Bundesanzeiger).
  3. Verkaufen Sie die Gründerzentren, die die Stadt jährlich mit hohen Subventionen am Leben hält. Die Gewerbesteuereinnahmen der dort begonnenen Start-ups bleiben weder in der Stadt noch wiegen sie nur annähernd die Höhe der Subventionen auf.

 

Ich schließe hier meine diesjährige Haushaltsrede und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 

*Anhang Personalwirtschaft

Hier ein Beispiel aus der Personalwirtschaft: Ein mir bekannter junger Mann sucht nach langjährigem Arbeitsaufenthalt im Ausland einen Wiedereinstieg in Deutschland und bewirbt sich im Herbst 2017 bei der Stadt für eine einfache Aufgabe beim Ordnungsdienst. Als seine Bewerbung wochenlang nicht beantwortet wird, fragt er mehrmals telefonisch und per email aber erfolglos nach. Dann folgt (aufgrund meiner Intervention) ein Schreiben der Verwaltung im Frühjahr 2018 (es strotzt vor Fehlern, bei mir einzusehen). Man teilt ihm darin mit, dass derzeit keine Kapazitäten vorhanden sind, um seine Bewerbung zu bearbeiten, aber man würde sich bei ihm melden. Stand heute, fast 1 Jahr später: Nichts ist geschehen.

 

Als Anhang finden Sie die komplette Haushaltsrede im PDF-Format zum Download.

Last modified on Dienstag, 14 Januar 2020 14:25

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