Milieuschutz in Köln ernst nehmen - Lebenskultur im Veedel bewahren!

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,  
die Antragsteller bitten Sie, folgenden Antrag in die Tagesordnung des Rates am 17.11.2016 aufzunehmen.  
Beschluss:  


1. Der Rat beschließt, sowohl für das „Verdachtsgebiet Severinsviertel“ als auch für das „Verdachtsgebiet Mülheim (Teilbereiche)“ (Gebietsabgrenzungen s. Anlagen) jeweils soziale Erhaltungssatzungen gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Baugesetzbuch (BauGB) aufzustellen. Die Verwaltung wird beauftragt, jeweils die für den Erlass von sozialen Erhaltungssatzungen notwendigen Untersuchungen in den Verdachtsgebieten durchzuführen, falls notwendig unter Einbeziehung externen Sachverstands (z.B. Hochschule, TH oder Forschungsinstitute). Dem Rat, den zuständigen Fachausschüssen und den jeweiligen Bezirksvertretungen sind die Untersuchungsergebnisse zusammen mit dem Vorschlag der Verwaltung betr. den Erlass einer sozialen Erhaltungssatzung für das jeweilige Verdachtsgebiet vorzulegen.  
2. Auch über die unter Ziff. 1. genannten Gebiete hinaus spricht sich der Rat für einen umfassenden Milieuschutz in Köln aus. Die Verwaltung wird daher beauftragt, im Rahmen eines kontinuierlichen Monitorings Voruntersuchungen zur Identifikation weiterer Verdachtsgebiete mit möglichem Handlungsbedarf durchzuführen.  Als weiterer Indikator für eine Verdrängung soll dabei die Entwicklung der wohngeldbewilligten Haushalte betrachtet werden.  
3. Der Aufwertungsdruck in Köln steigt zusehends, auch in Vierteln, die bereits jetzt von Gentrifizierung betroffen sind. Daher sind insbesondere folgende Stadtteile und viertel in das Monitoring aufzunehmen:  
- Kalk inkl. Humboldt/Gremberg, - Deutz, - Pantaleons-Viertel, - Rathenau-Viertel, - Stadtgarten-Viertel, - Eigelstein-Viertel, - Georgs-Viertel, - Griechenmarkt-Viertel, - Mauritius-Viertel, - Ehrenfeld, - Nippes, - Zollstock.  
Diese Auflistung der v.g. Stadtteile und -viertel ist als beispielhaft und keinesfalls als abschließend zu verstehen.  
4. Dem Stadtentwicklungsausschuss ist regelmäßig, jedoch mindestens einmal jährlich, über das kontinuierliche Monitoring gemäß Ziff. 2 Bericht zu erstatten. Bei möglichem Handlungsbedarf ist dem Rat für das betreffende Verdachtsgebiet unverzüglich ein Beschluss zur Aufstellung einer sozialen Erhaltungssatzung vorzulegen und die weiteren notwendigen Verfahrensschritte zum Satzungserlass einzuleiten.  
5. Das notwendige Personal zur Umsetzung des Beschlusses ist seitens der Verwaltung sicherzustellen, ggf. im Vorgriff auf den Stellenplan 2018.   
Begründung:  
Gentrifizierung, Luxussanierungen und Zusammenlegungen von Wohnungen, sowie die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum und die hiermit einhergehende Verdrängung der bisherigen Mieter erfassen in Köln immer weitere Wohnquartiere. In manchen Stadtvierteln ist dieser Prozess weit vorangeschritten, in anderen ist er im Gange oder beginnt er gerade.  
Es gibt ein Zeitfenster von wenigen Jahren, in dem mit wohnungspolitischen Maßnahmen solche Entwicklungen ausgebremst oder gelenkt werden können. Um dieses Zeitfenster zu


nutzen, um Mieter vor Verdrängung zu schützen und um auch in Zukunft in Köln gemischte Wohnquartiere zu bewahren und die für Köln so eigene Veedelskultur zu sichern, muss Köln jetzt aktiv werden.  
Das Instrument der im Baugesetzbuch vorgesehenen sozialen Erhaltungssatzung (auch „Milieuschutzsatzung“ genannt) ist eines der Mittel, deren Einsatz gemäß Stadtentwicklungskonzept Wohnen (StEK Wohnen) verstärkt zum Einsatz kommen soll. Erreicht werden soll damit, dass eine aus städtebaulichen Gründen gewünschte Wohnbevölkerung in einem bestimmten Gebiet erhalten bleibt, um negative städtebauliche Folgen zu verhindern. Im Gebiet einer Milieuschutzsatzung bedürfen der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung. Dadurch sollen Luxussanierungen verhindert werden – diese können Grundlage für Mieterhöhungen sein, die zur Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung führen. Im Satzungsgebiet erlaubt sind im Regelfall nur Maßnahmen, die zu einem durchschnittlichen Ausstattungszustand führen sollen. Gemäß der zusätzlich seitens des Landes NRW erlassenen Umwandlungsverordnung für Gebiete sozialer Erhaltungssatzungen bedarf zudem die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen der Genehmigung durch die Gemeinde.  
Obwohl das Mittel der sozialen Erhaltungssatzung in erster Linie ein städtebauliches Mittel ist, kann bei richtiger und konsequenter Anwendung ein gewisser Schutz bestehender Mietverhältnisse erreicht werden.  
Bislang verläuft der Einsatz des Instrumentes  der Sozialen Erhaltungssatzung allerdings nur schleppend und scheint sich sogar noch weiter zu verzögern. Bereits am 26.09.2013 hatte der Stadtentwicklungsausschuss die Verwaltung beauftragt, einen konkreten Verfahrensvorschlag zum Erlass Sozialer Erhaltungssatzungen („Milieuschutzsatzungen“) nach § 172 Abs. 1 Nr.2 BauGB vorzulegen. Die Verwaltung hat daraufhin erst im Herbst 2015 (Mitteilung 2803/2015) zwei Verdachtsgebiete – das Severinsviertel und Teile des Stadtteils Mülheim (s. Anlagen) – identifiziert. Sie erfüllen alle sozialen und ökonomischen Indikatoren, die auf einen rasanten Wandel der Einwohnerstruktur, also auf Gentrifizierung und die damit einhergehende Mieterverdrängung hinweisen.   
Das von der Verwaltung beabsichtigte Verfahren zur Aufstellung von Milieuschutzsatzungen sieht dabei vertiefte sozialräumliche Untersuchungen vor dem endgültigen Erlass von Milieuschutzsatzungen vor. Aus Sicht der Antragstellenden sollte die Verwaltung noch einmal prüfen, ob eine solche Untersuchungstiefe tatsächlich notwendig ist oder ob auch ein gröberer Untersuchungsstandard zur Anwendung kommen kann (vgl. Vorgehensweise in der Stadt München). Ziel aus Sicht der Antragstellenden sollte es sein, auf einen schnellen Satzungserlass hinzuwirken.  


Aus Sicht der Antragstellenden ist es jedenfalls nicht akzeptabel, den Satzungsprozess nur für das Severinsviertel anzugehen, wie der Mitteilung 2311/2016 zu entnehmen ist. Dieser muss jetzt ebenso für das Kerngebiet von Mülheim angegangen werden, gerade wegen des zu erwartenden Verdrängungsdrucks, der auch in der – notwendigen – Entwicklung der angrenzenden Gebiete im Mülheimer Süden inkl. Hafen seine Ursache haben kann. Sollte keine Reduzierung des Untersuchungsstandards möglich  sein, ist das notwendige Personal kurzfristig bereit zu stellen. Diese haben sowohl die Fraktionen von SPD als auch der Linken  bereits in ihren Veränderungsvorschlägen zum Doppelhaushalt 2016/17 gefordert.  
Das Severinsviertel und Mülheim sind jedoch nur die beiden Extremfälle. Auch andere Viertel sind betroffen, wie die sozialen und ökonomischen Indikatoren zeigen. Diese dürfen daher nicht aus den Augen verloren werden. Wie in der Mitteilung 2803/2015 bereits angekündigt, sollte ein Quartiermonitoring eingeführt werden, um weitere mögliche Verdachtsgebiete zu identifizieren. Infrage kommen dabei aus Sicht der Antragstellenden insbesondere die unter Ziff. 2. genannten Gebiete. Neben den bisher untersuchten Verdrängungsindikatoren wie die Entwicklung der Wohndauer oder der Anteil der SGB II-Empfänger soll dabei auch die Entwicklung der wohngeldbewilligten Haushalte betrachtet werden. Die Verwaltung ist aufgefordert, regelmäßig im StEA Bericht zu erstatten. Ggf. sind die erforderlichen Schritte zum Erlass von sozialen Erhaltungssatzungen seitens der Verwaltung einzuleiten.  

 

Mit freundlichen Grüßen 


gez. Dr. Barbara Lübbecke SPD-Fraktionsgeschäftsführerin 
gez. Michael Weisenstein DIE LINKE-Fraktionsgeschäftsführer  
gez. Thomas Hegenbarth Piraten-Gruppe  
gez. Walter Wortmann Freie Wähler Köln

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